Ein Konzertabend mit einem ganz eigenen Zauber

14.04.2016

Lustspiel-Ouvertüren eröffneten die zwei Teile des Konzerts des Tschechoslowakischen Kammerduos im Creglinger Romschloss. Sie waren nur die Vorspiele zu romantischen Verträumtheiten, sprühender Lebensfreude und rassigen Tänzen. Zigeunerromantik, ungarische Rhapsodien, aufwühlende Herzensstürme -und Seelenruhe. Zuhörerinnen und Zuhörer hielt es fast nicht auf ihren Sitzen wegen dieser "vielen schönen Melodien". Jedes einzelne Stück wurde mit enthusiastischem Applaus gefeiert. Pavel Burdych und Zuzana Beresova musizierten auf hohem technischen Niveau mit einfühlsamen Interpretationen. Dass dieses Duo nicht erst seit gestern oder nur gelegentlich zusammen Konzerte gibt, war mit allen Sinnen zu erleben. Da harmonierten nicht nur Geige und Klavier, da wurde auch musikalisch kess geantwortet oder werbend gelockt. Die beiden Künstler verschmolzen mit ihren Instrumenten, agierten und reagierten auch auf der menschlichen Ebene und bildeten einen künstlerischen Kosmos, der dem Abend einen eigenen Zauber verlieh, dem sich kein Zuhörer entziehen konnte. Die Tschechoslowakei gibt es zwar nicht mehr als politisches Gebilde, doch der tschechische Geiger Pavel Burdych und die slowakische Pianistin Zuzana Beresova ließen eine neue Einheit entstehen, eine künstlerische. Zu hören waren an diesem Abend Werke nur eines einzigen Komponisten. Adalbert Paul (von) Keler, hineingeboren in die Welt des evangelischen Adels in Ungarn im Jahre 1820. In den Jahren seines aktiven Musikerlebens spielt er als Geiger in Wiener Orchestern, geht als Béla Kéler nach Berlin, um dort einen Dirigentenposten zu übernehmen, komponiert ohne Unterlass, geht wieder zurück nach Berlin und leitet dort unterschiedliche Kapellen, findet erneut eine Anstellung in Wien, wird krank und zieht sich nach Wiesbaden zurück, wo er schließlich Chef des Kurorchesters wird. Seine Kompositionen atmen den Geist seiner ungarischen Heimat und den der deutschen Romantik und der aufkommenden Unterhaltungsmusik in den Orchestern der Kurorte. Kéler, auch der "Wiesbadener Walzerkönig" genannt, nahm in seine Walzer viele populäre Zitate auf. So endet zum Beispiel der Österreich-Ungarn-Walzer mit "Gott erhalte Franz, den Kaiser", für Nachkriegs- Deutsche ein verfremdendes Erlebnis, ist es doch auch die Melodie unserer Nationalhymne. Schon eingängiger und eher zu erwarten war da das Lorelei- Thema in einem der bekanntesten Walzer Kélers, "Am schönen Rhein gedenk ich dein'''. Und nicht nur in den Csardas-Tänzen meint man Brahms oder Lortzing zu hören. Tatsächlich wurde Brahms ja auch dafür kritisiert, viele Takte seines fünften ungarischen Tanzes von Kéler entlehnt, abgeschrieben zu haben. "Deutsches Gemütsleben" entfaltet sich nicht nur im Schmelz der Töne in den Lagen der G- und D-Saite der Geige, auch die parallele Melodieführung von Klavier und Geige schwelgt im romantischen Gefühl. Dann aber Schalter umgelegt: sprühende Lebensfreude. Die Stimmung der ungarischen Idyllen scheinen in der Interpretation des Künstlerduos dem melancholischen "Heimatsehnen" und der ländlichen heilen Welt vom deutschen Gemütsleben gar nicht so weit entfernt. Zum Staunen brachten die Künstler das Publikum, wenn Burdych mit Flageolett-Tönen seine Geige flöten ließ oder in rasendem Tempo Pizzicati mit der linken Hand ausführte, wenn Beresova in einfühlsamen Solopassagen das Klavier streichelte und ihm samtene Töne entlockte. 

Karl-Heinz Rehfeld, Fränkische Nachrichten